Porto Vecchio Trieste

Wie ihr wisst, stellte sich Triest im 14. Jahrhundert freiwillig unter das Protektorat der Habsburger, um sich vor den Venezianern zu schützen. Unter den Habsburgern entwickelte sich Triest zu einem bedeutenden Hafen. Schließlich bekam Triest 1719 von Karl VI. den Status als Freihafen verliehen, der mit besonderen Begünstigungen verbunden war. Durch diese Entwicklung kam ein enormer Aufschwung nach Triest. Näheres dazu findet ihr z.B. im Beitrag über das Borgo Teresiano. Das Borgo könnt ihr auf der untenstehenden Karte sehr gut erkennen.

Autor/-in unbekanntUnknown author, Public domain, via Wikimedia Commons

Der Hafen im 18. Jahrhundert

Zur Zeit von Kaiser Karl VI. zählte Triest gerade mal 3.000 Einwohner*innen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren es schon rund 20.000 Einwohner*innen und bis heute ist die Stadt auf 200.000 gewachsen. Der Hafen in Triest hat nach wie vor den Status als Freihafen. Er hat sich über die Jahrhunderte massivst verändert – alleine schon der Globalisierung und dem technischen Fortschritt geschuldet, wenngleich der heutige Porto Vecchio als einer der ersten Häfen (neben Buenos Aires, Kalkutta und Hamburg) eine hydrodynamische Anlage bekam. Auch heute ist der Hafen der größte Arbeitgeber der Stadt und agiert unter den Top 10 der europäischen Häfen.

Aber lasst uns zurückblicken zu den Anfängen: So stelle sich die Stadt im Jahr 1844 dar:

Augusto Frantzl, Public domain, via Wikimedia Commons

Von den Anfängen bis 1883

Aaron Piras, Public domain, via Wikimedia Commons

Über Jahrhunderte ankerten alle Schiffe, die nach Triest kamen, im Zentrum entlang der heutigen Rive zwischen dem Canal Grande und Lanterna, dem heutigen Molo Fratelli Bandiera mit dem Leuchtturm, der 1831 erbaut wurde. Dieser Turm war ursprünglich mit Kanonen ausgestattet, um Eindringliche abzuwehren. An der Rive landen heute nur noch Kreuzfahrtschiffe und die Boote von Delfino Verde und in Sacchetta die privaten Segelboote. 1857 wurde der Südbahnhof eröffnet und damit änderte sich auch die Route vom Hafen zum Bahnhof. Nicht ganz optimal war, dass die Frachtgleise rund 10 Meter über dem Meeresspiegel lagen, zwischen den Silogebäuden, die noch heute bestehen. Die Frachtgleise waren höher, weil hier ursprünglich das Lazarett „Heilige Theresa“ stand, das nicht abgerissen werden durfte und daher überbaut wurde.

1867, als die Eröffnung des Suezkanals und damit ein neuerlicher Aufschwung auch im Hafen von Triest bevorstanden, startete die Planung. Ziel war, einen neuen, großen und modernen Hafen zu bauen, und zwar auf dem Gelände um den neuen Bahnhof. Die Bahnanlagen wurden um die 10 Meter tiefer gelegt und neben dem Bahnhof ein weiterer erbaut – der heutige an der Piazza della Libertá. By the way, der Hochbaudirektor Wilhelm von Flattich war auch für den Wiener Südbahnhof verantwortlich. Außerdem wurden zwei 290 Meter lange Lagerhäuser neben dem Bahnhof gebaut, weil die Lagerhäuser deutlich an ihre Grenzen kamen. Die beiden Silos (besonders hohe Laggeräume) mit ihren Rundbögen wurden durch ein Zwischengebäude verbunden, das als Getreidelager verbunden wurde.

Porto Vecchio von 1883 bis 1900 (heute Porto Vecchio)

1883 eröffnete der erste Teil des neuen Hafens – jenen Hafen, den wir heute, eineinhalb Jahrhunderte später, als alten Hafen, Porto Vecchio, kennen. Teile der Bevölkerung bekämpften aber den neuen Hafen und betrachteten ihn als Unglück für Triest. Sie befürchteten Enteignungen, da der Hafen auf Privatgrundstücken erbaut werden sollte. Und aus der Angst, dass bestehende Lagerhäuser benachteiligt würden und trotz des Ausbaus des Suezkanals kein neuer Hafen notwendig sei. Nachdem die österreichisch-französischen Südbahngesellschaft den Hafen bauen sollte, deren Mehrheitseigentümer die Familie Rothschild war, standen außerdem Befürchtungen im Raum, dass die kapitalistische und finanzielle Ausbeutung zu Lasten des regionalen Handels geht.

Bei der Planung des Hafens ließen sich die Ingenieure Talabot und Pasqual übrigens vom Hafen in Marseille inspirieren – hier finden sich einige ähnliche Prinzipien. Problematisch war aber u.a. die Vorbereitung des Meeresbodens, der äußerst instabil, schlammig und nicht tief genug war und daher geräumt werden musste. Wie in Marseille plante man ein Abstand zwischen Damm und Molen von 150 Meter, der später aber auf 95 Meter reduziert wurde.

Bis 1890 wurden über 20 weitere Lagerhäuser mit zT eleganten Fassaden, mit gusseisernen Säulen und Balkonen, die man heute noch gut erkennen kann, erbaut. Die Architektur ging über bisherige klassische architektonische Gegebenheiten deutlich hinaus: der Wille zum Experimentieren mit neuen Materialien, Techniken und Innovationen war unverkennbar. Eisen, Gusseisen, Stahlbetonbauteile und Beton fanden Einzug.

Im Hafenareal baute man ein internes Eisenbahnnetz – die Schienen könnt ihr euch noch sehr deutlich erkennen und auf den Gebäuden wurden kleine Kräne angebracht – eine sichtbare Mechanisierung. Die Lagerhäuser legte man parallel in drei Achsen an, dazwischen jeweils einen Boulevard. Die Verbindung zwischen Hafen und Stadt schuf man durch einen eleganten Platz und diese Verbindung sowie die Anordnung der Gebäude des Hafens war damals durch das Städteartige einzigartig und änderte sich auch durch die rechtlich notwendige Erbauung der Hafenmauer 1891 nicht.

Sehr spannend ist, dass die Boulevards und Lagerhäuser in Linien nach Norden ausgerichtet sind und auch Bauten außerhalb des Hafens, die später entstanden, genau auf den Straßenachsen des Hafens ausgerichtet sind, z.B.

Schon damals wurden erste Stimmen laut, dass der Hafen nicht optimal ist, dabei waren noch nicht mal alle Lagerhäuser fertig. Die Themen bezogen sich einerseits auf den Hafen selbst, dass das Meer hier immer noch nicht tief genug, aber sehr schlammig und auch auf allgemeine Bedingungen, nämlich das Wachstum des Seehandels, der so stark war, dass es einen Platzmangel gab und auch die anliefernden Schiffe immer größer wurden. Auch die Bora, der zT sehr heftige Wind aus dem Karst, machte die Bedingungen im Hafen nicht einfacher.

Porto Vecchio um 1900

Und schon damals kam eine Kommission zu dem Schluss, dass ein 2. Hafen in der Bucht S. Andrea in der Talmulde von Muggia optimale Bedingungen hätte. Im Jahr 1900 wurde ein dementsprechender Beschluss gefasst, 1902 begannen die Bauarbeiten und 1910 eröffnete der Franz-Josef-Hafen in ersten Teilen. Ab 1931 hieß er dann Porta Duca d´Aosta, heute kennen wir ihn als Porto Nuovo, den neuen Hafen.

Parallel veränderte man den Damm im alten Hafen und adaptierte die Molos in der Stadt. Eine Karte aus dem Jahr 1911 zeigt folgendes Bild, auf dem ihr den Damm, die Molos un die Lagerhäuser sehr gut erkennen könnt:

Baedeker, Karl, Public domain, via Wikimedia Commons

Porto Vecchio von 1938-2000

Im 2. Weltkrieg wurde Triest 20 Mal bombardiert, allein auf den alten Hafen fielen 20 Bomben. Die Lagerhäuser, Dämme und Infrastruktur wurden sehr stark getroffen, einige Gebäude wurden letztlich abgerissen und neu aufgebaut. Während der an den Krieg anschließenden Militärregierung baute man der Hafen wieder auf, aber nicht am modernsten Standard der damaligen Technik. Es folgt eine lange Phase des Stillstands, geschuldet wohl der Unmöglichkeit, jemals Containerschiffe im Porto Vecchio abwickeln zu können. So wurden in den nachfolgenden Jahrzehnten sukzessive Lagerhäuser stillgelegt und der Porto Vecchio verwaiste und verfiel zusehends. Wer heute durch den Porto Vecchio spaziert (aktuell aufgrund der Neugestaltung nicht immer einfach), wünscht sich wohl, dass das eine oder andere vorgeschlagene Projekt seit den 1980-er Jahren zur Umsetzung gekommen wäre, natürlich bei Erhalt dieser besonderen Architektur. Und wenn ihr meine Meinung hören wollt: der verfallene Industrieschick im Porto Vecchio hat seine eigene Stimmung und katapultiert in die spannende Vergangenheit des Hafens zurück.

Das hydrodynamische Kraftwerk, das die Kräne mit Wassserdruck antrieb und das ihr weiter unten auf einem Bild renoviert seht, ist seit 1983 außer Betrieb.

Seit den 1970er Jahre entwickelte sich der Neubau des Südhafens stetig aus, um so eine bessere Vorlaufinfrastruktur von Straßen und Schienen zu nutzen. Der Hafenterminal Scalo Legnami hat ein Investitionsvolumen von 50 Mio € und umfasst ein Gebiet von 70 Mio. Quadratmeter.

Die Entwicklung des Porto Vecchio in den letzten Jahrzehnten und heute

2001 entschied die Stadtregierung über erste Schutzmaßnahmen für den Porto Vecchio, wobei ursprünglich ein Großteil, insbesondere die Lagerhäuser und Hangars, als Naturschutzgebiet oder indirektes Schutzgebiet anerkannt wurde. 10 Gebäude allerdings wurden unter einen direkten Schutz gestellt, der auch eine künsterische und historische Bedeutung mit sich bringt. Noch 2001 wurde weitere 22 Gebäude unter direkten Schutz gestellt. Hier ein paar Eindrücke für euch:

2008 wurde auf der „international Network Waterfronts Urban Research“ Konferenz der Porto Vecchio Triest als eines der wichtiges Areale der Welt anerkannt. In den letzten Jahren wurden die Wiederbelebungsvorschläge immer konkreter. Ziel ist jedenfalls die weitere schrittweise Verbindung zwischen der Stadt und dem Porto Vecchio und die Erhaltung der industriellen Architektur. Die Arbeiten und Pläne laufen bereits auf Hochtouren, so dass dzt der Durchgang durch den Hafen versperrt ist. Nähere Infos über die aktuellen Pläne findest du im Beitrag hieraus dem Porto Vecchio wird Porto Vivo:-)

Literaturtipp zum Porto Vecchio Triest (solo italiano)

Wenn ihr noch viel mehr über den Porto Vecchio lernen wollt, kann ich euch das Buch von Antonella Caroli wirklich sehr empfehlen: Guida Storica del Porto Vecchio di Trieste – Antonella Caroli ist eine der Persönlichkeiten Triests, die sich dem Porto Vecchio und seiner Entwicklung über 200 Jahre verschrieben haben. In ihrem Buch findet ihr sehr cooles, altes Bildmaterial wie auch eine Menge über die Entwicklung des Hafens. Sehr empfehlenswert, wirklich!